Wählen ohne quälen
„Freie Auswahl!“ stand auf dem Los. Das komplette Sortiment der Kirmes-Kostbarkeiten stand für mich bereit – vom rosa Plüschbären über einen lila Elefanten bis zum Kaffeegeschirr mit Goldrand. Ich entschied mich nach einigem Hin und Her für den Elefanten und schleppte meinen Hauptgewinn nach Hause. Damals war ich 10 Jahre alt.
Nicht nur auf der Kirmes wollen wir die freie Auswahl. Wer soll unser Partner sein? Karriere oder ruhiger Posten? Wo wollen wir wohnen? SUV, Sportwagen oder Fahrrad? Wer die Wahlmöglichkeiten hat ist frei, sich für die beste Option zu entscheiden!
Aber woher kommt dann der Spruch: „Wer die Wahl hat, hat die Qual?“
Je mehr Auswahl wir haben, desto eher trauern wir den Dingen hinterher, die wir nicht ausgewählt haben bzw. verpasst haben. Sagen die Psychologen.
Entscheidungen kosten außerdem Zeit und Energie.
Spielt die Anzahl der Wahlmöglichkeiten eine Rolle bei Entscheidungen?
Sheena Iyengar, Expertin für Entscheidungstheorie an der Columbia Business School, beschreibt folgendes Experiment: In einem Feinkostladen wurde direkt am Eingang ein Tisch mit Marmeladen aufgestellt.
An manchen Tagen wurden sechs verschiedene Geschmackssorten zur Verkostung angeboten, an anderen 24.
Die erste Frage, die sich die Forscher gestellt haben: An welchem Tisch bleiben mehr Leute stehen und probieren die Marmeladen?
Die zweite Frage: Bei welcher Auswahl wird mehr Marmelade gekauft?
Hier das Resultat:
Wurden 24 Marmeladen präsentiert, blieben ca. 60 Prozent der Menschen stehen und kosteten das Angebot.
Bei sechs Marmeladen stoppten nur 40 Prozent der Passanten und probierten.
Jedoch – und jetzt wird es spannend – von denjenigen, die 24 Marmeladen zur Auswahl hatten, entschieden sich nur drei Prozent für den Kauf.
Da, wo nur sechs Marmeladen angeboten werden, trafen 30 Prozent eine Kaufentscheidung.
In Zahlen heißt das: Es ist sechs mal wahrscheinlicher, dass die Leute ein Glas Marmelade kaufen, wenn nur sechs Optionen zur Auswahl stehen.
Stress durch ein Luxusproblem?
Mal ganz ehrlich: Unter zu vielen Wahlmöglichkeiten zu leiden, ist irgendwie auch was Tolles. Ein echtes Luxusproblem. So viel Freiheit!
Jedoch: Auch ein Luxusproblem kann Stress auslösen.
Sheena Iyengar beschreibt folgende drei negative Konsequenzen, wenn wir viele Auswahlmöglichkeiten haben:
Das Engagement für die Entscheidungsfindung sinkt, wir neigen dazu, die Entscheidung aufzuschieben, sogar wenn es um etwas ganz Wichtiges geht.
Die Entscheidungsqualität verschlechtert sich – auch bei finanziellen, medizinischen oder anderen wichtigen Themen.
Die eigene Zufriedenheit mit der gewählten Entscheidung sinkt. Schließlich bedeutet jede Wahl auch den Verzicht auf etwas anderes.
Hier sind unsere vier ultimativen Tipps, um bessere Entscheidungen zu treffen:
1. Lass los!
Leere deinen Rucksack und beginne, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Beantworte folgende drei Fragen:
Welche Ziele möchte ich erreichen – beruflich und privat?
Welche dieser Ziele haben die allerhöchste Priorität: Jetzt – in fünf Jahren – in 10 Jahren?
Wofür brenne ich?
Lasse los, was dir nicht wichtig ist.
Dadurch reduzierst du die Optionen.
2. Bilde Entscheidungs-Konten!
Eröffne für jedes wichtige Lebens-Thema ein Konto.
Hier wieder drei Fragen:
Auf welchem Konto verbuche ich die jeweilige Entscheidung – Auf dem Job-Account, dem Familien- oder Freunde-Konto?
Geht es um meine persönliche Entwicklung? Vergiss bitte nicht, auch ein Konto nur für dich zu erstellen.
Führt die Entscheidung zu einer Ein- oder einer Auszahlung auf dem jeweiligen Konto?
Auf lange Sicht soll die Bilanz stimmen!
3. Entscheide mit „Kopf und Bauch“!
Wenn du ausschließlich Zahlen, Daten, Fakten bei deinen Entscheidungen berücksichtigst, kann es passieren, dass es auch unter allerbesten Bedingungen mit der Umsetzung hapert. Nämlich dann, wenn du gar keine Lust darauf hast.
Überprüfe jede einzelne Entscheidungsoption und achte darauf, welche Gefühle diese Alternative in dir auslöst.
Dazu ebenfalls drei Fragen:
Welche Option mag ich gerne?
Welche kann ich nicht leiden?
Welche lässt mich gleichgültig?
Lerne deine Emotionen kennen und verliebe dich in deine wichtigen Entscheidungen!
4. Schlaf eine Nacht drüber
Manche Entscheidungen müssen reifen – zumindest bis zum nächsten Tag. Im Schlaf regeneriert das Gehirn sich nicht nur, es sortiert sich auch. Zusammenhänge werden gebildet, Wichtiges vom Unwichtigen getrennt.
Wie auch immer du dich entscheidest – du hast die Wahl!