Wie Weisheiten uns lähmen

Wie Weisheiten uns lähmen

1. Dezember 2019 Flexibles Selbstbild 0

Gerade wenn wir unsicher sind oder nicht wissen, was wir tun sollen, sind wir dankbar für griffige Weisheiten. Das Internet ist voll von Memes, die Tausende von Likes bekommen. In Buchhandlungen findet sich geradezu eine Flut von Postkarten mit lustigen und zugleich tiefgründigen Lebensweisheiten für alle Gelegenheiten. Die beliebtesten Sprüche ranken dabei um eine Kernaussage: hör auf dich selbst. Und das ist durchaus ein Holzweg!

Das falsche Credo: hör auf dich selbst

Neulich fiel mir ein schönes kleines Buch in die Hände. Es ist die Druckversion eines Twitter-Experiments. Über ein Jahr hat Frank Bodin jeden Tag eine Erkenntnis zu Kreativität auf 140 Zeichen verdichtet. Er muss wissen, wovon er spricht, denn er ist ein mehrfach ausgezeichneter Top-Werber im deutschsprachigen Raum. Ich bin bei Erkenntnis 38 hängen geblieben:

Du bist nicht sicher, dass dein Vorhaben eine gute Idee ist? Dann ist es keine. Lass es!

Ich musste lachen. Aus Erleichterung. Denn endlich habe ich eine Antwort auf die ganzen Ideen, die ich im Kopf habe, über die ich aber nicht sicher bin und die mich beschäftigen: weg damit! Warte auf die richtig gute Idee!

Die Lähmung durch Weisheit 

Kurz darauf dämmerte mir, wie ungünstig dieser Gedanke sein kann, wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Er setzt nämlich voraus, dass unser Gefühl von Sicherheit ein guter Gradmesser dafür ist, was gut für uns ist. Dass wir uns selbst so gut kennen, dass wir das am besten einschätzen können. Und genau das ist schlicht nicht so!

Die Psychologie zeigt in deutlicher Regelmäßigkeit, dass nicht wir selbst uns am besten kennen, sondern andere. Andere Menschen können genauer als wir selbst vorhersagen, ob wir

  • wählen gehen
  • uns für einen wohltätigen Zweck engagieren
  • anderen eins auswischen
  • einem Menschen in Not helfen
  • mehr Freude an einer Aktivität haben als an einer anderen

Wir sind also selbst gar nicht am besten geeignet um zu sagen, ob eine Idee gut für uns selbst ist oder nicht. 

Zweifeln erwünscht

Wenn du dich also gerade mit Lebensentscheidungen beschäftigst, dann höre nicht auf die Postkartenweisheiten. Sie verführen dich nur, auf die perfekte Eingebung zu warten, die sich rundum richtig anfühlt. Das wird nur erstmal nicht passieren, denn Veränderung hat viel mit Zweifel und Abwägen zu tun. Neue Gedanken und Sichtweisen brauchen Raum, um sich zu entwickeln. Und dazu gehört auch, die Unsicherheit und das Spannungsgefühl auszuhalten. Zumindest eine Weile. Denn wenn du zu früh auf dein Bauchgefühl hörst bekommst du nur genau das, was du immer schon getan hast.

Frag deine Freunde

Und was kannst du tun, wenn du nicht recht weißt, wie du dich entscheiden sollst? Frag deine Freunde, die dich kennen, am besten mehrere davon. Wenn sie dir zu etwas raten, was dich unsicher macht, dann ist das möglicherweise keine schlechte Idee, sondern deine Richtung in unbekanntes Territorium. Da darf man sich auch mal unsicher fühlen.

Dich interessiert, wie sich die Unsicherheit bei Weichenstellungen in schwungvolle Klarheit umwandeln lässt? Dann schau dir einmal unsere Angebote an, mit denen wir dich begleiten.

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